Rede der CDU-Fraktion Straelen zur Verabschiedung des Haushaltes

19.03.2023

Rede der CDU-Fraktion Straelen zur Verabschiedung des Haushaltes der Stadt Straelen für 2023

Sitzung des Rates der Stadt Straelen am 16.03.2023
 
Annemarie Fleuth  (Vorsitzende der CDU-Fraktion) 

Es gilt das gesprochene Wort! 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kuse. 
Sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung. 
Liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen. 
Verehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger. 
Sehr geehrte Pressevertreter.


I.
Wir alle haben nach dem Zurückgehen der Corona-Krise Anfang letzten Jahres gedacht,
dass wir wieder zur Normalität zurückkehren können. Doch der völkerrechtswidrige Angriff
Russlands auf die Ukraine hat all diese Überlegungen zunichte gemacht. 

Die Auswirkungen des Krieges treffen auch uns und unsere Wirtschaft mit nicht
vorhersehbaren Folgen: Gestörte Lieferketten, steigende Preise in fast allen Bereichen des
täglichen Lebens, Unternehmenspleiten und ein Rückgang der Wirtschaftsleistung bis hin zu
einer Rezession können nicht ausgeschlossen werden. 

Eine Entspannung der Lage in der Ukraine ist nicht in Sicht. Niemand weiß, wie lange der
schreckliche Krieg noch dauern und welche Ausmaße er annehmen wird. Hinzukommt, dass
auch weiterhin Asylsuchende aus anderen Ländern zu uns strömen werden. In Folge
müssen wir immer mehr und mehr Geflüchtete aufnehmen und versorgen.

Drastisch gestiegene Energie- und Baukosten werden weiterhin große Auswirkungen auf
den Haushaltsplan der Stadt haben und die im Haushaltsplan hinterlegten Zahlen werden wir
stetig hinterfragen müssen. Der Werteverzehr des städtischen Haushaltes wird täglich
größer.

CDU-Fraktion Straelen - Ahornweg 3 - 47638 Straelen

  

  CDU-Fraktion im Rat
der Stadt Straelen


Wir geraten in vielen Bereichen an unsere Leistungsgrenzen – persönlich und als Stadt! 

Noch gelingt es uns in Straelen auf all diese Ereignisse angemessen zu reagieren.
Besonders die Versorgung, Unterbringung und beginnende Integration geflüchteter
Menschen funktioniert in Straelen noch gut.   

Hoch engagierte Menschen, im Ehrenamt oder hier, in der Verwaltung, in den Kitas, Schulen
und in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens, setzen sich dafür ein, dass das
klappt. 

Dafür sind wir SEHR DANKBAR! 

Allerdings wird auch bei uns das Dilemma zwischen humanitärer Pflicht und faktischen
Möglichkeiten vor Ort immer größer. 

Auch bei uns sind ausreichende Unterkünfte, Wohnraum, Plätze in Kitas und Schulen,
Sprach- und Integrationskursen endlich und nur noch mit erheblichem Aufwand verfügbar.

II.
Es ist ALLERHÖCHSTE Zeit, und wir müssen JETZT damit beginnen, unsere Prioritäten neu
zuordnen, um die vielfältigen Aufgaben einigermaßen bewältigen und um unsere
Handlungsfähigkeit als Stadt, so gut es eben geht, erhalten zu können. 

Das Straelener Stadtleitbild, das wir, sobald der öffentliche Beteiligungsprozess
abgeschlossen ist, beschließen werden, empfiehlt Leitmotive, die helfen sollen, uns zu
sortieren, Handlungsempfehlungen zu evaluieren und zum Gradmesser für unser Handeln in
Straelen zu machen.
 
Und es zeigt sehr schön, dass wir gut beraten sind, unser Handeln darauf auszurichten,
Straelen als liebenswerte, lohnenswerte und lebenswerte Stadt zu stärken. 
GANZ KLAR: Straelen profitiert vom besonderen und ausgeprägten Engagement seiner
Bürgerinnen und Bürger. Viele Menschen leisten Großartiges und sorgen verlässlich mit
dafür, dass das gesellschaftliche und soziale Fundament Straelens lebendig und stark bleibt. 
GANZ KLAR: Straelen punktet auch als attraktiver Wohn- und Wirtschaftsstandort, weil
wesentliche Rahmenbedingungen hervorragend sind: Die Hebesätze für die Grundsteuern A
und B wurden seit 2017 nicht mehr erhöht und liegen mit 37 bzw. 64 Prozentpunkten weit
unter den fiktiven Hebesätzen, die das Gemeindefinanzierungsgesetz für 2023 für
kreisangehörige Städte festgelegt hat. Der Gewerbesteuerhebesatz ist mit 370 v. H. einer
der niedrigsten in ganz NRW. 
III.
Und trotzdem zeigen der Haushaltsansatz für 2023 und die Pläne für die Folgejahre bis
einschließlich 2026 eine alarmierende Entwicklung der Finanzwirtschaft auf!

Für das Jahr 2023 wird bereits ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 3.411.603 EUR
ausgewiesen. 
Weitere für die Folgejahre prognostizierte Entnahmen setzen diese Negativentwicklung fort
mit dem Ergebnis, dass 2026 die Ausgleichsrücklage komplett aufgebraucht ist. 
Noch zusätzlich wird für das Jahr 2026 eine Entnahme aus der allgemeinen Rücklage in
Höhe von 2.771.137 EUR erforderlich werden. In Summe wird in den Jahren 2023 bis 2026
ein Minus von 17.200.000 EUR erwirtschaftet!
Auf all das weisen Sie, Herr Kuse und Sie, Herr Marksteiner sehr deutlich hin! 

Sie sagen, dass man verwaltungsseitig ALLES getan habe und „weitere Kürzungen der
Haushaltsansätze NICHT möglich sind“. Außerdem stellen Sie fest, „dass zur Verringerung
der Fehlbeträge zu hinterfragen ist, ob bekannte Standards reduziert und/oder die Leistung 


freiwilliger Aufgaben teils aufgegeben werden sollte“. Sie geben die Verantwortung
vollständig an uns ab und schließen mit den Worten: „Hier hat sich DIE POLITIK
entsprechend zu positionieren.“

Leider teilen uns Bürgermeister und Kämmerer nicht mit, was aus ihrer Sicht getan werden
könnte, um diese große Millionenverschuldung zu reduzieren! Ein interner Sparwille ist nicht
erkennbar und Sparansätze werden nicht vorgeschlagen!
Und dabei ist offensichtlich, dass wir nicht mehr alles wunschgemäß oder, weil es schon
lange geplant ist, erfüllen bzw. umsetzen können. Manche Maßnahmen werden wir in die
nächsten Haushaltsjahre schieben müssen. Andere Maßnahmen werden wir neu denken
müssen. 

Gelingt es uns, unser Handeln und die Sorge um unsere Stadt transparent zu machen?
Gelingt es uns, die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt ausreichend mitzunehmen und da,
wo möglich, zu beteiligen? 

IV.
Für uns ist diese Entwicklung sehr alarmierend und wir haben deshalb den uns vorliegenden
Haushaltsplan samt nachträglicher Ergänzungen gründlich analysiert und dabei folgendes
festgestellt:

Ein Verschieben innerhalb der Jahre 2023 bis 2026 würde keine Veränderung bringen. 
Stattdessen sollten wir, da, wo es geht, von Jahr zu Jahr planen, denn Faktoren wie
Zuwanderung, Energiekosten, Baukostenentwicklung und die Entwicklung der Einnahmen
aus der Gewerbesteuer verursachen enorme Unsicherheiten besonders bei großen
Investitionsmaßnahmen. 
Außerdem stellt sich uns die Frage, welche der vielen geplanten und aus dem letzten Jahr
übertragenen Maßnahmen von der Verwaltung tatsächlich umgesetzt werden können – allein
die Übertragung von nicht erledigten Aufgaben ins Jahr 2023 hat einen Wert von mehr als
10.000.000 EUR. Das Personal in der Verwaltung stößt zunehmend an Grenzen, während
die Aufgabenfülle stetig größer wird. 
Wir vermissen Konzepte des Bürgermeisters, wie und in welcher Reihenfolge das breite
Aufgabenspektrum abgearbeitet werden kann.

V.  
Natürlich, das Rathaus ist in die Jahre gekommen und soll deshalb, lt.
MEHRHEITSBESCHLÜSSEN der Oppositionsparteien des Stadtrates, neu gebaut werden. 

Bis heute haben sich die Kosten für den Rathausneubau von ursprünglich rund 6.400.000
EUR auf mittlerweile fast 13.400.000 EUR mehr als verdoppelt. 

Der Ausblick macht es nicht besser: Eine konkrete und damit plausible Darstellung der
Baukosten erhalten wir nicht vor Oktober 2023. Verlässliche Aussagen zur Höhe der bereits
einkalkulierten Fördergelder werden von Bürgermeister und Kämmerer erst Mitte 2024
erwartet.

Eine Kostenexplosion in diesem Ausmaß ist NICHT nachvollziehbar, NICHT zu tolerieren
und genauso wie die große Mehrheit der Straelener Bürgerinnen und Bürger LEHNEN wir
einen Neubau des Rathauses unter diesen Voraussetzungen AB!
 
Zuletzt im Oktober 2019 wurden die Varianten „Kernsanierung“, „Neubau“ und „weiter so“ im
Rahmen einer Machbarkeitsstudie* geprüft. Hier benötigen wir kurzfristig eine Evaluierung
der Studie für die Varianten „Sanierung“ und „weiter so“, um auf Basis aktueller
Vergleichswerte den für Oktober erwarteten Kostenplan für den Rathausneubau besser
einschätzen zu können.



Privat würden wir es doch nicht anders machen! 
Wenn die Finanzierung für das neue Auto nicht mehr reicht, muss ich umplanen: 
Entweder fahre ich den alten solange weiter wie möglich oder stecke kleines Geld in
notwendige Reparaturen.

VI.
Das HERZSTÜCK unserer Stadt sind die Vereine, Initiativen und Gruppen, die im Ehrenamt
eine Vielzahl von Leistungen erbringen. Ohne ihren Einsatz wäre nicht nur ein hoher Verlust
an Lebensqualität zu verzeichnen, sondern auch an notwendigen Bindungskräften einer
solidarischen und zukunftssicheren Stadtgemeinschaft. 

Wir alle wissen das und fördern deshalb dieses Engagement schon immer in besonderem
Maße!
 
Unsere Aufgabe ist es, dieses Engagement noch mehr zu erhalten und zu stärken. 
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und eines erheblichen Strukturwandels
im Ehrenamtsbereich sind neue Wege der Engagementförderung notwendig geworden. 

Leider fehlen noch immer generelle Leitlinien und Regularien für die bedarfsgerechte
Förderung von Vereinen und es fehlt ein kommunales Netzwerk als Plattform für Vereine für
einen verbesserten Austausch von Informationen und als Zugang zu Ressourcen.   

Immer häufiger erhalten antragstellende Vereine deshalb pauschale Förderbeträge – ein
Betrag in Höhe von 5.000 EUR hat sich mittlerweile festgesetzt -, in der Regel mit
Sperrvermerk, da Fördervoraussetzungen nicht klar sind und im Nachgang von den Vereinen
erfüllt werden müssen. 

Der kurze Blick in den Produktbereich für Vereinsförderung im Haushaltsplan reicht übrigens
auch aus, um sehr schnell festzustellen, dass der sogenannte rote Faden fehlt und enormer
Regelungsbedarf besteht. 

VII.
Der vorliegende Haushaltsentwurf kommt NOCH ohne Steuererhöhungen aus, kündigt aber
die Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuern A und B für die Jahre 2024 bis 2026 an,
um jährliche Mehrerträge in Höhe von rund 500.000 EUR erzielen zu können. 

Zwar muss auch das Steueraufkommen einer Gemeinde mit der allgemeinen
Kostenentwicklung schritthalten. DENNOCH ist die geplante vorsorgliche Anhebung der
Hebesätze FALSCH, weil sie die Straelener Bürgerinnen und Bürger in diesen schwierigen
Zeiten zusätzlich belastet. Zudem ist eine Anhebung der Hebesätze für die
Beschlussfassung zum Haushalt 2023 gar nicht relevant, da ohnehin, besonders bei den
Energiekosten, bereits vorsorglich mit großen finanziellen Puffern geplant wurde. 
 
Der Haushaltsentwurf zeigt viele Tendenzen auf und versucht allen Anforderungen gerecht
zu werden. Das gelingt leider nicht durchgehend und liefert auch nicht das erforderliche
Rüstzeug für ein tragfähiges Grundkonstrukt, auf dessen Grundlage wir unsere Stadt
zukunftssicher weiterentwickeln könnten.


Wir werden deshalb dem Haushalt 2023 nicht zustimmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.